CHRONIK

Wie das Mundwerk frei und lose wurde

Jahresrückblick 2019


Anke Hein

Es kamen viel mehr als gedacht. Seitdem wird donnerstags gesungen und viel gelacht.

Eine Weile wurde geprüft, ob man sich bindet oder doch was Besseres findet.

Stimmen wurden zugewiesen und ihre Herrlichkeit ausführlich gepriesen.

Der Sopran - zwar dünn besetzt - klingt immer lauter als der ganze Rest.

Der Alt und der Tenor, stellen die schön... äh größten Gruppen im Chor.

Und der Bass - boah, der brummt so krass!

Schlussendlich haben wir entschieden, wir "Singing together" bis sich die Balken biegen.

"Pythagoras" kann uns nicht schocken, Munderwerk Rottenbauer wird`s schon rocken.

"Hey, wir wollen Leben spüren", und lassen uns von Wolfgang gern entführen,

mal nach "Bethlehem", mal "Weit, weit weg" und zwischendurch ein kleiner Gag.

"Wir fassen uns ein Herz" immer wieder und singen sogar Mundartlieder.

Die "Fränkische Heimat" wird gelobt, dann wieder durch Mozarts Zechenlied getobt.

Wolfgang, deine Poesie ist legendär, jeden Dienstag gibt es davon mehr.

"Selig sind wir", wenn du 2 Tage später wieder großartig findet unser Gezeter.

Doch "Wieder naht der heil'ge Stern", Weihnachten ist nicht mehr fern.

Und damit im Advent, immer die richtige Anzahl an Kerzen brennt,

haben wir dir, lieber Wolfgang, etwas mitgebracht: haufenweise Kerzen für die stille Nacht!

Doch zu deiner allergrößten Pein, soll's das noch nicht gewesen sein.

Da musst du jetzt durch, "Haudrialei ho"! Das machen wir eben so!

Etwas Schokolade schadet dir kaum. Sicher wirst du trotzdem "Alt wie ein Baum".

Aber grad zur Weihnachtszeit, ist man zum Schenken nur allzu bereit.

Nimm das und mach damit, was du willst! Ob du damit den Hunger in der Welt stillst..

Oder anderes Gutes tust. Es ist deine Entscheidung. Nur Mut!

Wir danken dir für deine Zeit und all die Heiterkeit,

die du uns immer wieder bringst, wenn du mit uns Lieder singst.

Und denke immer dran: A plätzchen a day, keeps the Weihnachtsstress away!

Das hat uns noch gefehlt

Zwei kirchliche Chöre, gemischt im Geschlecht zwar, aber einig in der geistlichen Ausrichtung des Liedguts, singen in Rottenbauer. Außerdem eine Gruppe von Männern im gesetzten Alter, "homophon" also, sozusagen, und im Repertoire eher dem Traditionellen verpflichtet.

Was uns fehlt? Eine Mixtur aus alledem! 

"Lieder als alter und heutiger Zeit, weltlich und geistlich, a cappella und instrumental eingerichtet, vom Madrigal bis zum Choral, von Kanon, Sprechstück, Volkslied, Folklore und Gospel bis zu Chorarrangements beliebter Titel aus dem Bereich Rock und Pop. Willkommen sind geübte Sänger*innen ebenso wie unerfahrene." 

So heißt es in der Ankündigung, die Anfang März 2019 an alle Haushalte in Würzburgs südlichstem (als ob man "südlich" steigern könnte, egal!) Stadtteil verteilt wird und mit der die Hoffnung verbunden ist, dass sich so viele sangesfreudige, -willige, -fähige Menschen davon angesprochen fühlen, dass eine ordentliche SATB-Gruppe gebildet werden kann - also wenigstens vier Personen.

Das erste Treffen

Wie uns die Anwesenheitsliste heute noch staunen macht, kommen am 29. März 2019 zur ersten Versammlung satte (dieser Ausdruck bezieht sich auf die Anzahl, nicht auf die Personen) vierzig (!) Interessenten und -innen. Von Letzteren wesentlich mehr.

Trotz der Vorstellung der über das Maß einer geradlinig angelegten Vereinsstruktur weit hinausgehenden Vorstellungen (beabsichtigte Doppelung, sorry) zur Gestaltung des Vorhabens durch den mutmaßlichen Chorleiter lassen sich die Anwesenden (die Abwesenden ohnehin nicht) nicht abhalten, einfach mal wiederzukommen.

Die ersten Vereinbarungen

Bereits beim ersten Treffen kann der neue Chor, wie es in einem Schreiben des Chorleiters heißt, "seine gesangliche Strahlkraft bestens unter akustischen Beweis" stellen. Ein guter Anfang!

Weil die angekündigte Ausformung der chorischen Arbeit - wie oben beschrieben und in einem eigenen Beitrag ausgeführt ist (siehe [Link EigenArt]) - durchaus etwas schräg daherkommt, wird eine "eine gegenseitige Probezeit (nicht: Probenzeit) vorgesehen, und zwar bis zur 23. Kalenderwoche (Woche vor den Pfingstferien). Bis dahin sollen die interessierten Chorsänger und -sängerinnen regelmäßig zur Chorprobe erscheinen, bevor sie über eine dauerhafte Teilnahme am Chor entscheiden. Gegenseitig? Auch der Dirigent nimmt eine solche Probezeit für sich in Anspruch."

Ein interner Personenkreis, ein Planungs- und Gestaltungsteam (bestehend aus vier bis fünf Personen) soll die Vorgänge im und mit dem Chor kritisch und konstruktiv begleiten; hierzu sind monatliche Treffen angedacht.

Sollte jemand an einer Singstunde außerordentlich nicht teilnehmen können, ist eine Abmeldung beim Chorleiter, am besten per E-Mail, erbeten.

Das Kind braucht einen Namen

Sagt zumindest der Chorleiter und bittet um kreative Vorschläge für einen Namen mit Erkennungseffekt, Alleinstellungsmerkmal, Inspirationscharakter, phonetischem Eigenwillen, regionalem Bezug und inhaltlicher Übereinstimmung zum Wesen des Chores.

Hach und Heidenei, welch eine Vielfalt tut sich da auf:

1. Camerata conCorde
2. Camerata ConCordia
3. canta musica
4. Cantiamo ConCordia
5. canto corale
6. Cantoccini
7. Canzone ConCordia
8. Carmina Concordia
9. Carmina Rotenburana
10. Chor Würzburg

11. Coro misto

12. Harmonia

13. Rottenbauerer Mundwerk

14. Neuer Chor Rottenbauer

15. Rottenbaurer Wolfskehlen

16. SW-Chor Rottenbauer

17. Tonart

18. Weismix

19. Würzburg-Chor

20. Würzburger (Rottenbauerer) Chorgesang

Das Ende der Probezeit ist der Beginn der Probenzeit

In seiner "Dienstags-Post" vor der Versammlung schreibt der Chorleiter:

"Geschätzte Sänger und Sängerinnen (der Bass beachte die Reihenfolge, die anderen lieber nicht!), es ist schon mal großartig, dass sich fast alle von euch an meine Bitte gehalten haben, eine Entscheidung über den Verbleib im neuen Chor erst nach Ablauf der "Probezeit" zu treffen.

Nun gilt es am Donnerstag kommender Woche (6. Juni) also, zu resümieren und "das Ergebnis dieser Müh'n" (Pythagoras) in eine das eigene Wohlbefinden berücksichtigende Verfügung umzumünzen ..."

In seiner "Dienstags-Post" nach der Versammlung schreibt der Chorleiter:

"... zu meinem größten Vergnügen hat sich bei der Wahl des Chornamens mein Favorit "Cantoccini" ohne jeden Missklang souverän durchgesetzt - jedenfalls bei mir selbst, wenn auch nicht bei der Mehrheit, um die ich mich in diesem Fall meinen eigenen Gusto elegant hofierend keineswegs schere, wiewohl ich gleichzeitig anerkenne, dass sowohl die Wolfskehlen wie auch das nun festgeschriebene Mundwerk herausragende sprachschöpferische Qualitäten aufweisen, vor denen ich mich nur huldvoll verbeugen mag, nicht ohne freilich meine eigene Wortkreation dem allen voranzustellen.

Nun aber zu den nüchternen Ergebnissen des Abends: 

Herrlicher Gesang aus losem Mundwerk

Rückmelderunde, die das bisherige gemeinschaftliche Singen aus purer Freude unter Missachtung von Fehlklängen und unter Anerkennung zügigen Voranschreitens im Einüben der gemixten Gesänge im Wesentlichen prima findet ..."

Zur größten Freude aller Beteiligten gibt es niemanden in der Chorgemeinschaft, der oder die dieselbe verlassen möchte. Im Gegenteil: Fast wöchentlich kommen Interessierte neu hinzu und mischen sich harmonisch singend und menschelnd unters Chorvolk. Im Herbst 2019 zählt das "Mundwerk Rottenbauer" bereits über fünfzig "Wolfskehlen".

Singstunde statt Chorprobe

Die Chorgemeinschaft "Mundwerk" genießt (musikalisch) das Singen an sich, bereitet sich nicht für öffentliche Auftritte vor, macht den Weg zum Ziel. In ganz besonderer Weise nehmen die Chormitglieder einander wahr und an, begegnen sich vorbehaltlos fühlen sich aufgehoben in einem sozialen Kollektiv, das sich musikalisch wie menschlich gegenseitig unterstützt. Äußerungen Einzelner [Link EigenArt] belegen dies auf beeindruckende Weise.

Zwar unterliegt die chorische Arbeit sowohl in der Auswahl der Literatur wie auch bei der Wertschätzung klanglicher und intonatorischer Güte einem durchaus gehobenen Anspruch; sie wird allerdings (zunächst noch) für sich behalten und genügt sich selbst.